Daten & Fakten zum demografischen Wandel

Demografischer Wandel: Daten und Tools, die Organisationen für ihre Planung nutzen können

Wie verändert der demografische Wandel die Gesellschaft? Was bedeutet dies für die Zukunft von Unternehmen, Regierungen oder Organisationen? Daten und Tools ermöglichen eine strategische Planung, um die Transformation erfolgreich zu meistern.

Der demografische Wandel hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft, den Arbeitsmarkt, Gesundheitssysteme und die Politik. Doch trotz der eindeutigen Datenlage wurden die damit einhergehenden Herausforderungen lange ignoriert. Um diese zu meistern, bedarf es einer vorausschauenden Planung und gezielter Maßnahmen.

Definition demografischer Wandel

Demografischer Wandel bedeutet, dass sich die Zusammensetzung einer Bevölkerung verändert, z.B. in Bezug auf deren Altersstruktur oder Geschlechterverhältnis. Einflussfaktoren sind unter anderem die Geburtenrate, Sterbefälle, Lebenserwartung, Säuglingssterblichkeit und Migrationsströme.

Auch andere Entwicklungen wie die Abwanderung der Bevölkerung aus ländlichen Gebieten in städtische Regionen beeinflussen die Demografie auf lokaler Ebene.

In Europa ist der demografische Wandel dadurch gekennzeichnet, dass die Lebenserwartung steigt, während gleichzeitig die Geburtenraten zurückgehen und die Erwerbsbevölkerung abnimmt. In den USA und anderen westlichen Ländern zeigt sich ein ähnlicher Trend.

Demografischer Wandel: Geburtenraten

Quelle: Weltbank

Was ist das demografische Übergangsmodell?

Das demografische Übergangsmodell kommt aus der Sozialwissenschaft und beschreibt die Bevölkerungsentwicklung anhand von Geburten- und Sterberaten. Die vier Phasen des demografischen Übergangsmodells lauten:

  1. Hohe Geburten- und Sterberaten
  2. Sinkende Sterbe- und hohe Geburtenraten
  3. Niedrige Sterbe- und sinkende Geburtenraten
  4. Niedrige Geburten- und Sterberaten

Die erste Phase galt für die meisten Gesellschaften vor der Industrialisierung. In der zweiten Phase sanken die Sterberaten dank des medizinischen Fortschritts. Die Mehrheit der OECD-Länder befindet sich derzeit in der dritten und vierten Phase.

Neben der Geburten- und Sterberate berücksichtigen neuere Modelle auch die Netto-Migration. Die Weltbank definiert Netto-Migration als „die Anzahl der Einwanderer minus die Anzahl der Auswanderer, einschließlich sowohl Staatsbürger als auch Nicht-Staatsbürger“. Eine positive Netto-Migration kann den Trend hin zu einer alternden Bevölkerung beeinflussen.

In Deutschland beispielsweise wirkt die Netto-Migration von jungen Menschen der Alterung der Gesellschaft entgegen – auch wenn sie diese bislang nicht umkehren konnte. Laut statistischem Bundesamt waren 23% aller Migrant:innen im Jahr 2022 unter 18 Jahren und 30% zwischen 18 und 30 Jahren.

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Ursachen des demografischen Wandels

Fortschritte in Medizin und Technik erhöhen die Lebenserwartung der Bevölkerung. Die Geburtenraten werden unter anderem durch folgende Faktoren beeinflusst:

  • Kosten, die mit der Kindererziehung verbunden sind – von Wohnraum bis Schulbildung
  • Unsicherheiten aufgrund von Krisen
  • Veränderungen von Lebensstil und Wohlstandsniveau
  • Zugang zu Verhütungsmitteln
  • Bildungsniveau
  • Vereinbarkeit mit Ausbildung, Studium oder Karriereentwicklung

In der EU ist die durchschnittliche Geburtenrate in den letzten 50 Jahren stetig gesunken und liegt heute bei 1,5 Geburten pro Frau (Eurostat).

Demografischer Wandel: Zahl der Lebendgeburten

Quelle: Eurostat

Die Auswirkungen des demografischen Wandels

Der demografische Wandel beeinflusst zahlreiche Bereiche der Gesellschaft. Wenn sich die Bevölkerung verändert, ändern sich auch deren Bedürfnisse. Entscheidungsträger:innen im öffentlichen und privaten Sektor müssen sich daher an neue Gegebenheiten anpassen.

Wachsender Druck auf Gesundheitssysteme

  • Mit einer alternden Bevölkerung steigt der Bedarf an medizinischer Versorgung und Pflege, was die Gesundheitssysteme stärker belastet. Um dieser steigenden Nachfrage gerecht zu werden, sind Investitionen in Forschung und Entwicklung im Gesundheitsbereich nötig. Technologischer Fortschritt und digitale Lösungen können helfen, die Behandlung effizienter zu gestalten und den Fachkräftemangel teilweise auszugleichen.
  • Eine weitere Herausforderung ist der Mangel an Pflegekräften, die einerseits in den Ruhestand gehen und gleichzeitig in andere Berufe abwandern. Um neue Fachkräfte zu gewinnen und bestehende Mitarbeitende zu halten, helfen Arbeitgeberattraktivitätsanalysen. Diese bieten wissenschaftlich valide Daten zu den Anforderungen von (potenziellen) Mitarbeitenden an ihre Arbeitgeber.

Belastung der Sozialversicherung

  • Der demografische Wandel setzt auch die Sozialversicherungssysteme, insbesondere die Rentenkassen, unter Druck. Zum Beispiel werden ab 2035 nur noch zwei Beschäftigte für eine Person in Rentne aufkommen müssen – 1990 waren es noch fünf, 2021 drei Beschäftigte je Rentner.
  • Um die Altersversorgung langfristig zu sichern, gibt es verschiedene Hebel. Dazu gehören die Anhebung des Rentenalters, die Förderung der privaten Altersvorsorge oder eine Reform der Rentenberechnung. Aufgabe ist es, das System so anzupassen, dass es auch in Zukunft stabil bleibt ohne die jüngeren Generationen zu stark zu belasten.

Bedeutung für Regierungen

  • Regierungen müssen aufgrund der demografischen Veränderungen mehr Geld für Renten und Pflege bereitstellen. Gleichzeitig sollten sie Strategien entwickeln, die es älteren Menschen ermöglichen, eine aktive Rolle in der Gesellschaft und im Arbeitsleben zu spielen.
  • Dazu zählen beispielsweise Weiterbildungsprogramme und die Unterstützung von ehrenamtlichen Tätigkeiten. Zudem könnte die Politik dem Fachkräftemangel durch eine gezielte Einwanderungspolitik entgegenwirken und Anreize für qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland schaffen.

Die Bedeutung von Diversity & Inclusion für Unternehmen

  • Unternehmen spüren die Auswirkungen des demografischen Wandels besonders stark. Da weniger junge Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, wird es schwieriger, qualifizierte Mitarbeitende zu finden und zu halten. Firmen müssen daher neue Wege finden, um ihren Personalbedarf zu decken und ihre Mitarbeiter weiterzubilden.
  • Eine wichtige Maßnahme im Umgang mit dem demografischen Wandel ist die Schaffung einer offenen und inklusiven Unternehmenskultur. Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass ihre Belegschaft immer vielfältiger wird – auch hinsichtlich Alter und kulturellem Hintergrund. Schulungen und angepasste Arbeitsbedingungen helfen dabei, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich alle gesellschaftlichen Gruppen wohlfühlen und produktiv arbeiten können.

Chancen des demografischen Wandels

Wenn Organisationen Bevölkerungstrends frühzeitig erkennen, können sie informierte Entscheidungen treffen. Ein Beispiel ist die Demographie Toolbox der Europäischen Kommission. Sie bietet Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels in der EU. Die vier Säulen lauten:

  • Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, insbesondere durch ein breites Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • Erleichterung des Zugangs junger Menschen zu Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnraum.
  • Unterstützung älterer Generationen, im Berufsleben und in der Gesellschaft aktiv zu bleiben und gleichzeitig ihr Wohlbefinden sicherzustellen.
  • Internationale Talente anziehen und ihnen bei der legalen Integration in die EU helfen, um Arbeitskräftemängel zu beheben.

Demografischer Wandel und die Bedeutung von Gesundheitsinvestitionen

Gesundheitssysteme weltweit geraten angesichts des demografischen Wandels unter Druck. Deshalb gewinnen nachhaltige Finanzierungsstrategien an Bedeutung, die dabei helfen, die global wachsende sozioökonomische Krankheitslast zu bewältigen.

Die Gesundheitsökonomieforschung von WifOR liefert Daten, die gezielte Investitionen ermöglichen, um sowohl individuelle als auch öffentliche Gesundheitsziele zu verbessern, das Wirtschaftswachstum zu fördern und widerstandsfähigere Gesellschaften aufzubauen.

Durch die Anwendung spezifischer Metriken, die die Belastung durch verschiedene Krankheiten abbilden, können Investitionen gezielt in jene Bereiche fließen, die den höchsten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen versprechen.

Beispiel: In Deutschland verursachen kardiovaskuläre Erkrankungen jedes Jahr eine erhebliche sozioökonomische Krankheitslast, die sich auf 55 Millionen Stunden bezahlter Arbeit beläuft. Dies entspricht einem Wohlstandsverlust von 1,1 Milliarden Euro. Zusätzlich gehen 1,9 Milliarden Stunden unbezahlter Arbeit verloren, die einem Wert von 23,4 Milliarden Euro entsprechen.

Die Herz-Hirn-Allianz setzt sich dafür ein, die Zahl der kardiovaskulären Erkrankungen in Deutschland bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Wird dieses Ziel erreicht, könnte dies eine jährliche Rückgewinnung von 16,5 Millionen Stunden bezahlter Arbeit bedeuten, was einem Wert von 342 Millionen Euro entspricht, sowie über einer halben Milliarde Stunden zurückgewonnener unbezahlter Arbeit, äquivalent zu 7 Milliarden Euro.

Die Krankheitslast kardiovaskulärer Erkrankungen in Deutschland

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Die Krankheitslast kardiovaskulärer Erkrankungen in Deutschland

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Erfahren Sie mehr über die Gesundheitsökonomieforschung von WifOR hier.

Herausforderungen für den Arbeitsmarkt

In Ländern mit einer rückläufigen Erwerbsbevölkerungen ist es besonders wichtig, den Arbeitskräftebedarf zu messen und qualifizierte Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Allein in Deutschland gibt es derzeit rund 3,4 Millionen offene Stellen – eine Zahl, die sich in den nächsten sieben Jahren voraussichtlich fast verdoppeln wird.

Der Fachkräftemonitor (FKM) für verschiedene Bundesländer in Deutschland von WifOR zeigt die Entwicklung von Angebot und Nachfrage von Fachkräften bis zum Jahr 2035 – für spezifische Regionen, Branchen, Berufe und mehr. Er schafft Transparenz über die Arbeitsmarktentwicklung und unterstützt Entscheidungsträger:innen in Politik und Wirtschaft dabei, informierte Entscheidungen zu treffen. Mit einer interaktiven Benutzeroberfläche bietet der FKM die Grundlage für datengestützte Strategien zur Lösung von Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt.

Zum Fachkräftemonitor für Oberösterreich geht es hier.

Das neue Tool für Oberösterreich bietet eine Prognose bis 2040 und liefert wichtige Informationen zu den folgenden Punkten:

  • Aktuellen und erwarteten Lücken zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach Fachkräften
  • Verteilung der Fachkräfte auf verschiedene Branchen
  • Entwicklung von Angebot und Nachfrage in unterschiedlichen Sektoren und Berufen
  • Abbildung verschiedener Szenarien – beispielsweise die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, eine erhöhte Migration oder die Anhebung des Renteneintrittsalters.
  • Die Möglichkeit, zukünftig weitere Variablen wie den Durchschnittslohn hinzuzufügen
Datengestützte Personalentscheidungen mit dem WifOR Fachkräftemonitor

Datengestützte Personalentscheidungen mit dem WifOR Fachkräftemonitor Oberösterreich

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Datengestützte Personalentscheidungen mit dem WifOR Fachkräftemonitor

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Zusammenfassung

Der demografische Wandel beschreibt die tiefgreifende Veränderung der Bevölkerungsstruktur, die durch Faktoren wie Geburten- und Sterberate sowie Netto-Migration beeinflusst wird. In Europa bringt der demografische Wandel vielfältige Herausforderungen mit sich, wie den Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung und einen steigenden Druck auf Gesundheitssysteme.

Angesichts dieser demografischen Veränderungen können Entscheidungsträger:innen in Wirtschaft und Politik die Vorteile von Prognose-Tools nutzen, um ihre Planung nachhaltig an den demografischen Wandel anzupassen. 

Der Fachkräftemonitor von WifOR ist ein Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Prognose-Tools Entscheidungsträger:innen helfen können, dem Arbeitskräftemangel zu begegnen. In ähnlicher Weise zeigt die Gesundheitsökonomie-Forschung von WifOR die positiven Auswirkungen von gezielten Gesundheitsinvestitionen, die auf die Bedürfnisse der sich verändernden Bevölkerungsgruppen eingehen. Diese Datengrundlage ermöglicht informierte Entscheidungen, die Beschäftigung, Innovationen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum unterstützen.

 

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